Beleihung der Entlohnung oder der Rente
Missbräuchliche Klauseln und Rückerstattung der Kommissionen
Gericht in Bozen fällt interessantes Urteil


Sehr zahlreich sind die Verträge zur Beleihung der Entlohnung (oder der Rente), welche in den vergangenen Jahren abgeschlossen worden sind, und zahlreich sind auch die ArbeitnehmerInnen und RentnerInnen, welche nach wie vor auf diese Finanzierungsform zurückgreifen. Erst vor kurzem konnte ein Rentner aus Südtirol, auch dank der Unterstützung des VZS, einen wichtigen Urteilsspruch vor dem Landesgericht in Bozen erwirken, und zwar in Bezug auf einen Vertrag, welchen er vor einigen Jahren mit einer Mailänder Finanzierungsgesellschaft, der Italcredi Spa, abgeschlossen hat.

Der Fall

Der Rentner hat, nach der Lektüre des Werbeprospektes der Italcredi Spa und angelockt durch den Zinssatz (nomineller Jahreszinssatz) von 5,60%, die Filiale der Gesellschaft in Bozen aufgesucht, um einen Kredit in der Höhe von 6.500 Euro zu beantragen. Das ihm unterbreitete Angebot hat er dann angenommen und den Finanzierungsvertrag abgeschlossen. Der Vertrag hat die Rückzahlung des Kapitals, der Zinsen und weiterer Kostenpunkte mittels Tilgung von 120 Monatsraten zu je 141 Euro vorgesehen. Einer Finanzierung von 6.500 Euro steht somit ein Betrag von 16.920 Euro gegenüber, der bis zur Fälligkeit zu bezahlen ist! Der Rentner, in der Meinung irreführende Informationen vor und bei Vertragsabschluss erhalten zu haben, hat sich an die VZS gewandt und daraufhin an das Landesgericht Bozen, um neben anderen Forderungen die Annullierung des Vertrages zu erwirken. Das Gericht in Bozen hat nach einem Ermittlungsverfahren, welches mehr als drei Jahre gedauert hat, vor einigen Wochen das Urteil gefällt, und dabei den Forderungen des Kreditnehmers/Anklägers zum Teil Recht gegeben.

Was hat das Urteil festgelegt?

  • 1. Die Finanzierungsgesellschaft wurde zur Rückerstattung an den Kreditnehmer von 846 Euro verurteilt, welche im Vertrag als „commissioni agente/mediatore creditizio“ (Kommissionen Agent/Kreditvermittler) aufgeführt waren. Das Gericht hat diesen Kostenpunkt im Vertrag als nicht geschuldet bewertet, nachdem klar geworden ist, dass die Finanzierung ohne effektive Vermittlung durch einen „Agenten“ zustande gekommen ist. Der Kreditnehmer hatte sich beim Kreditantrag ja in die „Filiale“ von Italcredi begeben, und war der Meinung, sich mit einem Angestellten dieser Gesellschaft zu unterhalten, und nicht mit jemandem, der ihm zusätzliche Kosten im Vertrag verursachen würde. Daraus resultiert die Pflicht für die Gesellschaft, den Betrag zurückzuerstatten.
  • 2. Die Klausel (im Vertrag vorgesehen), welche den Kunden bei vorzeitiger Tilgung zur Zahlung der gesamten vereinbarten Versicherungsprämie verpflichten sollte, wurde als im Widerspruch zum Art. 125 des Bankgesetzes und folglich für nichtig erklärt. Das Gericht hat also festgelegt, dass dem Ankläger bei vorzeitiger Tilgung des Kredites die Rückzahlung der Versicherungsprämie für den nicht genossenen Versicherungszeitraum zusteht, auch wenn diese Prämie in einer Einmallösung beglichen wurde.
  • 3. Auch in Bezug auf die über 3.000 Euro, im Vertrag als „Kommissionen des Vertragspartners (die Finanzierungsges.) für Aktivitäten vor und bei Abschluss der Finanzierung“ angeführt, hat das Gericht festgelegt, das immer und nur im Falle einer vorzeitigen Tilgung des Darlehens, ein Drittel dieser Kommissionen dem Kreditnehmer zurückzuerstatten sind, jedoch abzüglich der Quote für die Zeit, in welcher das Vertragsverhältnis Bestand hatte (es handelt sich dabei um die so genannten periodischen Kommissionen, siehe später). Auch in diesem Fall hat das Gericht die Klausel im Vertrag für nichtig erklärt, welche jede Rückzahlung von Kommissionen des Vertragspartners ausschließen wollte.
  • 4. Die Finanzierungsgesellschaft ist schließlich noch dazu verurteilt worden, zwei Drittel der vom Ankläger getragenen Prozesskosten zurückzuerstatten.
Im Gegensatz zu diesen Punkten zu Gunsten des Konsumenten, hat das Gericht aber auch festgestellt, dass der Vertragsinhalt, vom Vertragsnehmer mehrfach unterzeichnet, ausreichend klar formuliert war, um dessen wesentliche Punke (Zinsen, Raten, Verbindlichkeiten, Kommissionen) zu erfassen, und der Gesellschaft also im konkreten Fall weder Fehler noch Vorsatz vorzuwerfen sei. Der Kreditnehmer hätte also vor Unterzeichnung des Vertrages mindestens dessen wesentliche Teile lesen müssen. Das Gericht hat demnach die Forderungen des Anklägers abgewiesen, sei es in Bezug auf angemessene Reduzierung ("riduzione ad equità") der überhöhten Kommissionen (nach Meinung des Gerichts steht es dem Richter nicht zu, die Höhe der Kommissionen des Vertragspartners zu reduzieren, "da diese Vergütung als klar vereinbart scheint"), als auch bezüglich eines Schadensersatzanspruches.

Was sollte man immer beachten, bevor man ein einen Vertrag, der die Beleihung der Entlohnung oder der Rente zum Inhalt hat, unterzeichnet?

  • Die wirtschaftlichen Bedingungen des Vertrags sollten vor Unterzeichnung mehr als sorgfältig durchgelesen werden. Dabei sollte man sich nicht nur auf den angewandten (Nominalzins) beschränken. Neben dem Zinssatz (achten sie auf den TAEG anstatt auf den TAN), ist auf die Höhe der angewandten Kommissionen (Eröffnungs-, Vertragspartner-, Vermittler-, und Versicherungskommissionen) ein besonderes Augenmerk zu richten. Diese können, wie gesehen, exorbitant hoch sein!
  • Es sei daran erinnert, dass der Konsument innerhalb von 14 Tagen vom Vertrag zurücktreten kann, und zwar ab Vertragsabschluss oder, wenn danach, ab jenem Zeitpunkt, ab dem der Konsument alle Bedingungen und Informationen erhalten hat, gemäß Art. 125 bis, Absatz 1 des Bankgesetzes. Der Rücktritt ist dem Vermittler schriftlich (Einschreiben mit Rückantwort) mitzuteilen, und wenn die Gesellschaft den Kreditbetrag bereits überwiesen hat, ist dieser natürlich zurückzuerstatten.
  • Wer den Kredit vorzeitig tilgen möchte, muss bei den Finanzierungsgesellschaft eine detaillierte Aufstellung der ausstehenden Beträge anfordern und die Finanzierungsgesellschaft muss die Quoten/Kosten und Kommissionen des Kredites, welche im Laufe der Zeit anlaufen und noch nicht angereift sind (so genannte periodische Kommissionen), anteilig zurückerstatten (siehe zahlreiche Entscheidungen des Bankenschiedsgerichtes - www.arbitrobancariofinanziario.it - z.B.: Entscheidung Nr. 1071/2011, Nr. 2204/2011, Nr. 3197/2012).

Der Beratungsdienst der Verbraucherzentrale im Bereich Finanzdienstleistungen steht den Interessierten immer zur Verfügung, um gemeinsam Verträge zur Beleihung der Entlohnung, seien sie abgeschlossen oder noch abzuschließen, zu bewerten (telefonische Terminvormerkung unter der Nr. 0471-975597 oder direkt beim Sitz der Verbraucherzentrale, in der Zwölfmalgreinerstrasse 2 in Bozen).



Medien-Information
Bozen, 24.01.2014