Darlehen: Südtiroler Banken boykottieren VZS-Vergleich

Das Bemerkenswerte: wieder alle gleichzeitig

Laut den verfügbaren Daten gab es eine Zunahme der Spreads von 147 %

Sparpotential von 1.645 Euro/Jahr bei Wechsel des Darlehens


Zweimal pro Jahr vergleicht die VZS das Angebot am lokalen Markt in Sachen Wohnbaudarlehen für Erstwohnungen. Und bisher gaben die Banken auch mehr oder minder regelmäßig über die angewandten Bedingungen Auskunft. Doch beim aktuellen Vergleich antworteten nur 3 von 14 angeschriebenen Instituten auf unsere übliche Anfrage. Daraufhin haben wir die Daten aus den im Internet zugänglichen Informationsblättern für den Vergleich herangezogen. Und aus diesen lässt sich eine Zunahme der Spreads um durchschnittlich 147 % ablesen.

Die Funkstille der Banken kommt nicht von ungefähr

Bei den vorhergehenden zwei Darlehensvergleichen war den Experten der Verbraucherzentrale eine auffällige Gleichheit bei den Angeboten von 6 lokalen Banken (die sich etwa 90% des Markts in Sachen Darlehen teilen) aufgefallen: alle wandten eine sogenannte Zinsuntergrenze von einheitlichen 3% an. Zumindest eigenartig, dachte man sich in der VZS. Handelt es sich hier doch um "indexierte" Zinssätze, die sich ändern sollten, und auch für die DarlehensnehmerInnen Vorteile bringen müssten? Bleibt das Geld weiterhin so "billig" wie gerade jetzt, wo liegt dann der Vorteil eines indexierten Darlehens, wenn eine solche "Untergrenze" besteht? Daraufhin wurden die Daten des Vergleichs der Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt (AGCM) übermittelt, die gegen diese Banken ein Untersuchungsverfahren wegen Absprache zur Einschränkung der Konkurrenz einleitete. Die Ergebnisse stehen derzeit noch aus.

Entwicklungen am Markt

Am Markt scheint sich in den letzten Monaten einiges getan zu haben. So bietet z.B. eine von der „gemeinsamen Untergrenze“ betroffene Bank seit kurzem ein Darlehen „ohne Zinsuntergrenze“ an. Diese und die anderen Entwicklungen am Markt wollten wir den KonsumentInnen gerne weitervermitteln, doch blieb wie gesagt unsere Anfrage fast ohne Antwort.

In der aktuellen Tabelle finden sich die Angebote jener Banken, die geantwortet haben (Unicredit SpA, Tiroler Sparkasse und Bank für Trient und Bozen).

Von den anderen (Raiffeisenkassen Bozen, Bruneck, Eisacktal, Ritten – Südtiroler Sparkasse – Süditroler Volksbank) haben wir die Eckdaten zu den Darlehen aus dem Internet entnommen. Dabei zeigte sich erneut, dass in den Informationsblättern die „schlechtestmöglichen“ Bedingungen angeführt sind - ansonsten ergäbe sich eine durchschnittliche Steigerung um knapp 147%.

Bank/Darlehen Spread 11/2013 Spread 06/2014 Steigerung (%)
Raiffeisenkasse Bozen – variabel verzinst 10J 2,10 7,50 257,14
Raiffeisenkasse Bruneck – variabel verzinst 10J 2,20 6,25 184,09
Raiffeisenkasse Eisacktal - variabel verzinst 10J 3,00 7,00 133,33
Raiffeisenkasse Ritten – variabel verzinst 10J 2,00 2,50 25,00
Südtiroler Sparkasse – Fixverzinst 10J 2,20 7,30 231,82
Südtiroler Sparkasse – variabel verzinst 10J 2,10 7,60 261,90
Südtiroler Volksbank – fixverzinst 10J 2,70 3,75 – 6,00 38,89
Südtiroler Volksbank – variabel verzinst 20J 2,25 3,40 – 6,00 51,11
Durchschnittliche Steigerung Spread     147,91

Obschon dies anscheinend den Vorgaben der Banca d’Italia entspricht, wagen wir die Sinnhaftigkeit solcher Informationsblätter zu bezweifeln: was nützt mir ein angegebener Spread von 7,60, wenn der tatsächlich angewandte um 2,10 liegt? Eine Differenz von 5,50% macht bei einem Darlehen von 100.000 Euro in 10 Jahren mehr als 30.000 Euro aus! Einzige Ausnahme die Post, deren aktueller Spread nur um 0,20 Punkte von dem im Vorjahr angegebenen abweicht. Und, falls Sie sich wundern: ein „guter“ Spread, d.h. ein Spread für einen Kunden mit einer gewissen Bonität, liegt derzeit bei ca. 2%.

Wo bleiben Konkurrenz und Transparenz?

Die ausgebliebenen Antworten auf unsere Anfragen zeigen deutlich, wie schlecht es um die Transparenz und Konkurrenz hierzulande bestellt ist. Die von uns vorgefundene - zumindest eigenartige - Einheitlichkeit wurde der zuständigen Stelle übermittelt, welche nun überprüft, ob hier eine Absprache zu Lasten der VerbraucherInnen vorlegt. Wenn allein eine solche Meldung ausreicht, um den Informationsfluss zu sperren, kann von einem „gesunden“ Marktgefüge wohl keine Rede sein.

Nicht vergessen: die Darlehen können ersetzt werden

Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass durch die sogenannte „Surrogation“ bestehende Darlehen kostenlos auf eine andere Bank übertragen werden können. Wir haben nachgerechnet, und die Sparpotentiale sind wirklich beachtlich. Wenn man von einem bestehenden Darlehen mit Restschuld 100.000 Euro und Restlaufzeit 10 Jahre ausgeht, ergeben sich folgende Unterschiede bei den Zinszahlungen:

Darlehensart Gesamtkosten für Zinsen
auf 10 Jahre
Darlehen zum Fixzinssatz (mittlerer Marktdurchschnitt laut Dipartimento Tesoro 5,17%) 28.278,09 €
Darlehen Unicredit mit Euribor 365 3M + 2% Spread (angewandter Zinssatz = 2,26%) 11.819,01 €
Darlehen mit Zinsuntergrenze 3% (angewandter Zinssatz = 3%) 15.872,89 €

Die Zahlen zeigen, dass beim Wechsel von einem „marktdurchschnittlichen“ fixverzinsten Darlehen zum „besten“ Angebot des Vergleichs knapp 16.500 € auf 10 Jahre gespart werden können – eine stolze Summe. Aber auch ein Wechsel von einem Darlehen mit 3% Untergrenze zu diesem Angebot brächte eine Ersparnis von mehr als 4.000 € auf 10 Jahre!

„Summiert man das Fehlen eines offiziellen Vergleichsrechners zum Boykott unserer Vergleiche und zu den Infoblättern mit nahezu unrealistischen Angaben, zeichnet sich deutlich ab, wie mühsam es für die VerbraucherInnen ist, eine bewusste und kritische Auswahl am Markt zu treffen“ so das Resümee von VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus. „Wir werden uns auf jeden Fall mit allen Kräften weiter dafür einsetzen, das zumindest am lokalen Markt wieder mehr Transparenz einkehrt“.


>> Tabelle mit den Details der Erhebung im PDF-Format



Medien-Information
Bozen, 20/06/2014