Erhebung der Zustellzeiten

Schneckenpost in Südtirol 2,7 Tage unterwegs

Wo bleibt die Qualitätskontrolle?
Ziele in Qualitätscharta um bis zu 99% verfehlt - Eingabe bei der Staatsanwaltschaft


Briefe, Zeitungen, Rechnungen ja sogar Vorladungen für Gerichtstermine, die nach Fälligkeit ankommen. Briefe, Zeitungen und Rechnungen, die überhaupt nicht ankommen. Die Postkunden klagen viel über die ihnen zugemuteten Unannehmlichkeiten. Daher hat im August hat die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) eine Erhebung der Postzustellzeiten durchgeführt. Das Ergebnis war ernüchternd: die Zustellung der Post dauert immer länger – die Post verfehlt damit ihre eigenen Zielvorgaben aus ihrer Qualitätscharta um bis zu 99%

Die Verbraucherzentrale Südtirol hat im August eine Stichproben-Erhebung der Postzustellzeiten durchgeführt. Dazu wurden an Südtirols Gemeinden sowie die Bürgerzentren in Bozen jeweils ein Erhebungsbrief geschickt, mit der Bitte, diesen datiert zurückzuschicken. Erhoben wurden die Zeiten, die ein Brief von Bozen und nach Bozen brauchte. Die letzte Erhebung dieser Art wurde 2009 durchgeführt: damals waren die Postzustellzeiten im Vergleich zur vorletzten Erhebung 1996 immerhin nahezu unverändert geblieben. Seit 2009 jedoch scheint die Post sich auf einem Abwärtstrend zu bewegen. Brauchte ein Brief innerhalb von Südtirol 2009 im Schnitt 1,9 Tage, so war der Brief 2014 im Schnitt 2,7 Tage unterwegs.

Sowohl die Zustellungen von Bozen in die Bezirke als auch die Zustellungen in die andere Richtung haben sich grundsätzlich verschlechtert. Die beiden Ausnahmen: Die Zustellungen von Bozen nach Bozen und vom Wipptal nach Bozen haben sich verbessert, obschon die Zustellzeiten von Bozen nach Bozen mit 3,5 Tagen immer noch die längsten sind. Alle anderen Zustellungen sind, teilweise sogar erheblich langsamer geworden. Insgesamt dauern die Zustellungen über einen dreiviertel Tag länger als noch 2009. Die Zustellungen von Bozen in die Bezirke dauern sogar fast einen Tag länger als noch 2009 (genaue Details siehe beiliegende Tabelle). In der VZS ist man sich im klaren darüber, dass eine solche „Momentaufnahme“ die Situation nicht exakt wiedergeben kann – dennoch lässt sich klar erkennen, dass bei der Beförderung der Post Handlungsbedarf herrscht.

Die Italienische Post schreibt sich in ihrer Qualitätscharta folgende Ziele für das Jahr 2014 vor:
  • Zustellung innerhalb 1 Arbeitstages + Aufgabetag für 89% der Sendungen
  • Zustellung innerhalb 3 Arbeitstagen + Aufgabetag für 98% der Sendungen

Laut Erhebung der VZS haben das 1. Ziel nur 2 von 230 der Sendungen erreicht; das zweite Ziel haben immerhin 204 von 230 Sendungen erreicht. 26 Sendungen haben keines der beiden Ziele erreicht. Es ist offensichtlich, dass die Post hier noch große Anstrengungen unternehmen muss, um ihren Service zu verbessern.

In Einzelfällen kommt es auch immer wieder vor, dass Briefe weit über eine Woche unterwegs sind. Dies ist für die Verbraucherschützer schlicht unzumutbar.

Zum 01.01.13 fand eine Preiserhöhung statt. Das Porto für einen Brief, der als „posta priorita“ verschickt werden sollte, erhöhte sich von 0,60 EUR auf 0,70 EUR. Dies scheint indes nicht zu einer Verbesserung der Qualität bei der Post beigetragen zu haben. Im Gegenteil. Seit 2009 haben sich die Portokosten um 17% erhöht. Bis der Brief jedoch ankommt, dauert es 42% länger als noch vor 5 Jahren.

Beide Qualitätsziele, die sich die Post vorgegeben hat, wurden verfehlt. Vom ersten Qualitätsziel ist man inzwischen sogar so weit entfernt, dass es fast scheint, als sei dieses Ziel gänzlich unrealistisch. Es ist höchste Zeit, dass die Post handelt und dass endlich den Tariferhöhungen bei der Post auch ein gut dauerhaft funktionierender Service gegenübersteht.

Fazit

Es gibt mehr als berechtigte Zweifel ob die vorgesehene Qualitätskontrolle wirklich funktioniert. Entsprechende Eingaben wurden bereits bei der Staatsanwaltschaft in Pescara und dem Rechnungshof in L'Aquila hinterlegt. Eine weitere Eingabe wird die VZS in Bozen hinterlegen. Jedoch ist es auch an der Zeit, dass ein grundlegender Versorgungsdienst wie die Post den vorgesehenen Ansprüchen entspricht. Dafür sollten sich alle einsetzen, auch die Landespolitik, eventuell durch eine Übernahme, um wenigstens die lokalen Sendungen pünktlich zugestellt zu bekommen.

Postzustellzeiten: mittlere Beförderungszeit in Werktagen ohne Aufgabetag

Bezirk Ab Bozen (2009) Nach Bozen (2009) Durchschnitt (2009)
Bozen 3,2 2,0 3,8 5,0 3,5 3,5
Burggrafenamt 2,5 1,1 2,8 2,4 2,7 1,8
Eisacktal 2,1 1,3 3,6 2,2 2,8 1,8
Pustertal 2,2 1,9 3,0 2,1 2,6 2,0
Salten-Schlern 2,1 1,1 3,2 2,3 2,6 1,7
Überetsch Unterland 2,3 1,1 2,8 2,8 2,6 2
Vinschgau 2 1,2 2,4 2,2 2,2 1,7
Wipptal 2,5 1,2 2,7 2,8 2,6 2
Südtirol gesamt 2,4 1,4 3 2,5 2,7 1,9

Von 230 Sendungen am Aufgabetag + 1 eingetroffen: 2 = 0,87%
Von 230 Sendungen am Aufgabetag + 3 eingetroffen: 204 = 88,70%

5 Sendungen sind noch ausständig (aufgegeben am 18. August 2014)




Medien-Information
Bozen, 12.09.2014