Bahnunternehmen müssen auch bei Verspätungen durch höhere Gewalt zahlen

Eu-Gerichtshof verbessert die Rechte von Fahrgästen bei Entschädigungen


Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat in einem Urteil entschieden, dass ein Eisenbahnunternehmen seinen Fahrgästen auch dann bei erheblicher Verspätung einen Teil des Fahrpreises erstatten muss, wenn die Verspätung auf „höhere Gewalt“ beruht.
Die Verbraucherzentrale Südtirol ist über dieses Urteil sehr erfreut.

Reisende haben laut EU-Verordnung bei Verspätungen von ein bis zwei Stunden ein Recht auf Erstattung von mindestens 25% des Preises der Fahrkarte. Ab zwei Stunden muss das Bahnunternehmen mindestens 50% erstatten.

Das Urteil betrifft europaweit alle Bahnunternehmen. Klauseln in ihren Transportbedingungen, die Entschädigungen bei höherer Gewalt ausschließen, sind demnach ungültig. Damit muss umgehend beispielsweise auch Trenitalia seine allgemeinen Transportbedingungen anpassen. Die Regeln gelten auch für den Nahverkehr. Allerdings kommen Nahverkehrskunden selten in den Genuss einer Rückzahlung. Zum einen sind dort Verspätungen von mehr als einer Stunde selten. Zum anderen gilt eine Bagatellgrenze: Beträge von weniger als vier Euro werden nicht ausgezahlt.
Mit der Klarstellung durch den EuGH wurde nunmehr den oft auch einseitig, zu Lasten der Bahnkunden, angewendeten Interpretationen was eigentlich „höhere Gewalt“ ist und was nicht, die Grundlage entzogen. Nunmehr zählt nur die stattgefundene Verspätung.

Laut Rechtsvorschriften für die internationale Personenbeförderung sind Bahnunternehmen bei Unwettern und Streiks von seiner Entschädigungspflicht befreit. Dies beziehe sich aber nur auf Schäden, die dem Fahrgast als Folge von Verspätung und Zugausfällen entstanden seien. Die Fahrgäste müssten aber dafür entschädigt werden, dass sie mit ihrer Fahrkarte den Preis für eine Dienstleistung gezahlt hätten, die nicht im Einklang mit dem Beförderungsvertrag erbracht worden sei, urteilte das Gericht.

In der VZS ist man überzeugt, dass in Zukunft die Bahnkunden aufgrund dieser Vereinfachung verstärkt Verspätungsentschädigungen beantragen werden.


Medien-Information
Bozen, 09.10.2013