Das Wohl der Nutztiere und seine Bedeutung für die Südtiroler VerbraucherInnen

86% der Befragten wären bereit, für Produkte mit „Tierwohl-Garantie“ mehr zu bezahlen


Das Thema „Tierwohl“ ist immer häufiger in europäischen Medien und Gesprächen der Gesellschaft präsent. Vielfach wird von der Gesetzgebung gefordert, strengere Verordnungen zum Tierschutz festzulegen. Zunehmend müssen Landwirte ihre Haltungspraktiken rechtfertigen und KonsumentInnen fordern hierzu mehr Transparenz und Information. Gleichwohl wählen VerbraucherInnen beim Einkauf oft das billigste Produkt und blenden Tierwohlbedenken aus.

Da es in Südtirol bisher keine Studie gab, welche die Rolle des Tierwohls für die KonsumentInnen im Alltag und beim Einkauf von tierischen Produkten untersucht, wurde im Frühjahr 2015 von Eva Siller in ihrer Abschlussarbeit im Bachelor-Studiengang „Agrarwissenschaften und Umweltmanagement“ in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Südtirol eine Online-Erhebung durchgeführt. Rund 1000 VerbraucherInnen (69% weibliche und 91% deutschsprachige TeilnehmerInnen) aus ganz Südtirol beteiligten sich daran.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Thema auch hierzulande wichtig genommen wird. Besonders die Hühner- und Schweinefleischproduktion sorgt für Bedenken bei den Verbrauchern, Milcherzeugnisse hingegen genießen weitaus das beste Ansehen und werden auch am häufigsten konsumiert.

Die Mehrzahl der VerbraucherInnen zeigt sich überzeugt davon, dass sowohl die biologische als auch die einheimische Tierhaltung tiergerechter als konventionelle Praktiken sind. Die am meisten geschätzten Gründe hierfür sind Weidehaltung, geringerer Medikamenteneinsatz und kleinere Betriebe. Die Verbraucher zeigen eine erhöhte Zahlungsbereitschaft für Produkte mit Tierwohl-Garantie, welche jedoch mit Vorsicht betrachtet werden sollte, da Effekte wie eine „soziale Erwünschheit dieses Verhaltens“ in den Antworten enthalten sein könnte.

Besonders sicher sind sich die Befragten darüber, dass sie mit ihrem Einkauf die Lebensqualität von Nutztieren beeinflussen können. Wie andere Studien bereits festgestellt haben, sind auch die Südtiroler Verbraucher zum Großteil davon überzeugt, dass eine artgerechte Tierhaltung mit gesünderen Produkten in Verbindung steht.

Insgesamt zeigen sich die VerbraucherInnen skeptisch gegenüber der Wirksamkeit von Tierschutzgesetzen und deren Kontrollen. Vor allem Frauen und jüngere Teilnehmer haben Zweifel. Das Thema Tierwohl wird privat bereits häufiger diskutiert. Der Großteil der Bevölkerung würde sich mehr Aufmerksamkeit für das Thema in der Südtiroler Öffentlichkeit wünschen.

Mehr Information erforderlich

Die Südtiroler Verbraucherschützer schließen aus der Erhebung, dass angesichts der festgestellten Sensibilität für den Tierschutz unbedingt bei der Information nachgebessert werden muss durch beispielsweise standardisierte Tierschutzindikatoren und möglicherweise ein Tierschutzetikett. Dazu der VZS-Vorsitzende Agostino Accarrino: "Mit einem - auch freiwilligen - Tierschutzlabel könnten sich VerbraucherInnen beim Einkauf bewusst für mehr Tierschutz entscheiden. Die EU müsste dazu allerdings auch noch einen entsprechenden Rechtsrahmen setzen."


Zur Präsentation der Online-Erhebung (im PDF-Format)


Medien-Information
Bozen, 29.10.2015