Bio-Umstellung in der Südtiroler Grünlandwirtschaft

Trotz der beträchtlichen Zuwachsraten der biologischen Landwirtschaft in Europa ist die Ausbreitung der biologischen Grünlandwirtschaft in Südtirol nur sehr zaghaft vonstatten gegangen. Im Gegensatz zu den Nachbarregionen Tirol mit einem Anteil an Biogrünlandbetrieben von 29,4% und Graubünden mit einem Anteil von 49% ist der Anteil in Südtirol mit 0,8% und im Trentino mit 0,7% sehr gering.

Auffallend in den betriebsstrukturellen Merkmalen sind die Unterschiede in der Flächenausstattung der Grünlandbetriebe. Während Südtirols Grünlandbetriebe im Durchschnitt 11,5 ha bewirtschaften, haben die Betriebe in Tirol 8,6 ha und in Graubünden 17 ha Futterfläche zur Verfügung.

Die Vermarktung ist in der Schweiz deutlich besser strukturiert und von hoher Bereitschaft der Konsumenten, biologisch erzeugte Produkte zu kaufen, geprägt. In Tirol hingegen scheint es Probleme mit der Vermarktung eines Teils der Biomilch zu geben. Sie wird nicht als Bio-Milch vermarktet und die Bauern erhalten für sie keinen Bio-Milchzuschlag. In der Schweiz allgemein ist der hohe Einsatz von Forschungsmitteln auch als Ausdruck der politischen Intention, die biologische Landwirtschaft zu etablieren, erkennbar. In Graubünden werden je 250 Betriebe von einem Berater betreut, der unter anderem auch die betriebswirtschaftlichen Aspekte der Umstellung betreut.

Die Umstellungsbereitschaft der befragten Betriebsleiter kann folgendermaßen beschrieben werden: bei 10% der Betriebsleiter ist sie vorhanden, die Hälfte der Betriebsleiter hat trotz der Beschäftigung mit der biologischen Landwirtschaft keine Bereitschaft den Betrieb umzustellen, 20% haben sich noch nie mit dem biologischen Landbau beschäftigt.

Den konventionellen Betriebsleitern kann allgemein eine positive Grundeinstellung zum biologischen Landbau zugesprochen werden, es mangelt bei einem großen Teil von ihnen an Weiterbildungsbereitschaft, Diese ist laut Aussagen von Bio-Bauern für einen erfolgreichen biologischen Anbau notwendig. Die Mehrzahl der konventionellen Betriebsleiter signalisieren Interesse an Betriebsbesichtigungen bzw. Vorträgen zur biologischer Grünlandwirtschaft.

Während ein Großteil der Biobauern Umweltschutz als Hauptmotiv bei der Umstellungsentscheidung nennen, ist für die konventionellen Bauern eher der wirtschaftliche Aspekt ausschlaggebend.

Das Ansehen steigt durch die Umstellung auf biologischen Anbau nicht, daraus kann man auf eine allgemein verbreitete Ablehnungshaltung schließen, obwohl die Bauern eigentlich eine positive Grundeinstellung zum biologischen Anbau signalisieren.

Die im Zuge einer Umstellung zu erwartenden Veränderungen werden von den konventionellen Betriebsleitern im bezug auf die Milchproduktion als niedrig, in der Haltungsform und Stallbau als hoch eingestuft. Während die Biobauern die Zukunft der Biovermarktung, Absatzentwicklung und Einkommensentwicklung optimistisch bewerten, sehen die konventionellen Bauern eher schwarz.

Die beiden befragten Betriebsgruppen unterscheiden sich hauptsächlich in der Erwerbsform; die Biobauern haben prozentuell mehr Vollerwerbsbetriebe.

Interessant ist der signifikante Unterschied in der Selbsteinschätzung der Betriebsleiter zur ökonomischen Ausrichtung ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit, wobei die Biobauern eher angeben, ihre Tätigkeit nach ökonomischen Zielen zu orientieren.

In den strukturellen Merkmalen unterscheiden sich die Betriebsgruppen vor allem in der Flächenausstattung. Die Biobetriebe haben durchschnittlich 12 ha, die konventionell bewirtschafteten 9 ha Futterfläche (Vorteil in bezug auf flächengebundene Direktzahlungen), sie haben einen geringeren Tierbesatz und ein durchschnittlich geringeres Milchkontingent. Daraus ergibt sich allgemein ein tieferes Niveau der Bewirtschaftungsintensität. Ausdruck dafür ist das Milchkontingent/ha (9300 kg/ha konventionell und 5000 kg/ha biologisch) und die zugekaufte Kraftfuttermenge pro Kuh und Jahr.

Die Gründe für die geringe Biobeteiligung der Betriebe in Südtirol sind laut Betriebsleiter hauptsächlich wirtschaftlicher Natur. Ein hoher Preis für die konventionell produzierte Milch, das hohe Milchkontingent und der hohe Tierbesatz der Betriebe beziehungsweise die fehlenden Vermarktungsstrukturen und die mangelnde Bereitschaft der Konsumenten, biologisch erzeugte Produkte zu kaufen, werden als Gründe genannt. Das mangelnde Fachwissen über die biologische Grünlandwirtschaft unter den Landwirten und die fehlende Konsumenteninformation sind in den Augen der befragten Betriebsleiter ebenso dafür verantwortlich wie die zu geringe Unterstützung seitens der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung in Form von deutlichen Absichtserklärungen und konkret ausgestalteter Fördermaßnahmen für den biologischen Landbau.

Fazit:


Soll in Südtirol der Anteil an Biobetriebe ausgebaut werden, muss seitens der Politik und Verwaltung durch höhere Förderungsausgestaltung für biologische Produktion und durch eindeutige Aussagen zum biologischen Anbau mehr Bereitschaft zur Entwicklung der biologischen Grünlandwirtschaft signalisiert werden.

Ein Beispiel dafür wäre die Unterstützung regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen für biologische Erzeugnisse und deren Bevorzugung beim Einsatz in öffentlichen Einrichtungen. Der Einsatz von regional und biologisch erzeugten Milchprodukten in der Versorgung von Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten entspricht der Umsetzung des Protokolls von Kyoto (im Sinn der Förderung nachhaltiger und den CO² Ausstoß minimierender Produktionsverfahren). Die Umstellung auf biologischen Landbau des Schulbetriebes an der Landwirtschaftsschule Salern ist als Meilenstein in der Entwicklung des Bioanbaus für Südtirol zu werten.

Andreas Bergmann Universität Bozen August 2001
im Rahmen einer Diplomarbeit