cem2007

PROJEKT VERBRAUCHER UND MARKT 2007

 

Rechtsanwälte: Ihre Dienstleistung im Lichte der Liberalisierung (1. Teil)

Das Verhältnis zwischen Rechtsanwälten und Notaren einerseits und ihren KlientInnen andererseits


Das Gesetzesdekret vom 4. Juli 2006 Nr. 223 wurde mit einigen Änderung ins Gesetz vom 4. August 2006 Nr. 248 umgewandelt und enthält nun einige wichtige Neuerungen in den Gesetzesnormen, welche die Arbeit der Rechtsanwälte und das Verhältnis zu ihren KundInnen regeln.
Anwälte

Die Neuerungen des Bersani Dekretes zur Liberalisierung:


Zweierlei wurde abgeschafft: die Bestimmung, wonach Rechtsanwälte sich an fixe oder Mindesttarife halten mussten (sog. „minimi tariffari“), sowie jene, wonach die Berufsgruppe ihr Honorar nicht an den erfolgreichen Abschluss der Kausa knüpfen durften (sog. „patto di quota lite“). Diese beiden Bestimmungen wurden also abgeschafft.

Während die Mindesttarife abgeschafft wurden, sind die Höchsttarife noch in Kraft, dies vor allem zum Schutze der Klienten.

Jeder Notar kann also sein Honorar frei festlegen, allerdings indem er es mit seinem Klienten schriftlich vereinbart „(parcelle negoziate“).
Es ist jetzt auch möglich, die Höhe des Honorars an den erfolgreichen Ausgang der Kausa zu knüpfen, dabei handelt es sich um den bisher verbotenen „patto quota lite“. Das bedeutet, dass etwa bei einer Schadenersatzklage Anwalt und Klient von vornherein vereinbaren können, dass im Falle eines positiven Urteils, das Honorar in einem prozentuellen Anteil des erstrittenen Schadenersatzes besteht. Es gibt dabei nur eine Grenze: das Honorar muss im Verhältnis zur erbrachten Leistung stehn.

Abgeschafft wurde auch die Bestimmung, wonach ein Anwalt keine Werbung machen darf. Mit dem neuen Gesetz darf ein Anwalt in Printmedien, TV und Radio auf eventuelle Spezialisierungen und Kompetenzen aufmerksam machen, er darf mit seinen Honorarangeboten und mit den angebotenen Dienstleistungen werben.

Und schließlich wurde auch das Verbot abgeschafft, interdisziplinäre Dienstleistungen durch Sozietäten oder Vereinigungen von Freiberuflern anzubieten. Das bedeutet, dass sich ein Anwalt jetzt auch mit anderen Freiberuflern zusammenschließen kann, etwa mit Wirtschaftsberatern, Notaren usw. um damit den KundInnen umfassende Dienstleistungen anzubieten. Die Leistung muss aber von einem oder mehreren Freiberuflern unter ihrer persönlichen Verantwortung erbracht werden.

Infolge dieser Neuerungen musste die Berufsgruppe der Rechtsanwälte auch ihren Verhaltenskodex ändern und den neuen Bestimmung anpassen. Dieser Kodex regelt die Tätigkeit der Freiberufler sowie das Verhalten gegenüber ihren KundInnen.

Was sollte man wissen, wenn man zu einem Anwalt geht?


Die Erstberatung

Es ist vor allem wichtig, dass man sich darüber im Klaren ist, was man vom Anwalt, von der Anwältin will:

  • einen einfachen Rat darüber, wie man ein Problem angehen soll
  • einen längeren Beistand, einschließlich schriftlicher Gutachten, Briefwechsel mit der Gegenseite und außergerichtlicher Verhandlungen
  • die Eröffnung und Durchführung einer eigentlichen rechtlichen Kausa

Der Unterscheid zwischen diesen Bedürfnissen ist entscheidend, weshalb es wichtig ist, mit dem Anwalt, der Anwältin gleich zu klären, welche Dienstleistung man in Anspruch nehmen will.

Achtung, wer sich nicht korrekt ausdrückt, sondern dem Anwalt, der Anwältin nur einen diffusen Auftrag gibt, nach dem Motto: “Machen Sie bitte, was Ihnen richtig erscheint“, der oder die riskiert, dass dies als Mandatserteilung gilt und dass der Anwalt eine entsprechende Leistung verrechnet.
Auch das so genannte Fallstudium („studio di controversia“) berechtigt den Anwalt, die Anwältin bereits, ein Honorar zu verrechnen.

Um kostspielige Missverständnisse zu vermeiden, sollte man darauf bestehen, von Anfang an einen schriftlichen Kostenvoranschlag zu erhalten, aus welchem die detaillierten Kosten für die einzelnen Schritte hervorgehen, die der Anwalt einzuschlagen gedenkt, bis hin zu einer eventuellen Kausa.

Angesichts der neuen Möglichkeit sollte man auch daran denken, ein erfolgsabhängiges Honorar („patto di quota lite“) auszuhandeln, also ein Honorar, das proportional zum erstrittenen Wert steht.

Ein Letztes: um einen Klienten, eine Klientin vor Gericht vertreten zu dürfen, muss der Anwalt von diesem, dieser ein schriftliches Mandat erhalten, die so genannte „procura“.

Wenn es zum Prozess kommt

Die Entscheidung, als Kläger vor Gericht zu gehen oder sich als Beklagter in den Streit einzulassen, muss immer nach eingehender gemeinsamer Beratung zwischen Klient und Anwalt erfolgen.

Wer unsicher ist, ob die (hohen) Prozesskosten riskiert werden sollen, sollte sich lieber noch eine zweite Meinung in Form einer Erstberatung bei einem anderen Anwalt, Anwältin einholen. Wichtig ist es auch, dass der Vertrauensanwalt eine Bewertung der Erfolgsaussichten eines Rechtsstreites abgibt. Die Pflicht, den Klienten, die Klientin über die Erfolgschancen bei einem eventuellen Prozess zu informieren, ist im Verhaltenskodex der Berufskategorie festgeschrieben.

Vorsicht gilt, wenn ein Anwalt, eine Anwältin den sicheren Erfolg verspricht. Im Vorhinein mit Sicherheit abschätzen zu können, wie ein Prozess ausgeht, ist fast unmöglich. Es gibt zu viele Faktoren, die den Ausgang beeinflussen können: die Zeugenaussagen, die schriftlichen Beweise oder aber der Ausgang von technischen Gutachten. Und das was zum Schluss zählt, ist das Urteil, zu dem das Gericht kommt.
Noch etwas ist zu berücksichtigen: die Leistung des Anwaltes und die entsprechende Honorierung hat nichts mit dem Erfolg des Prozesse zu tun. Das heißt, er kann nicht für den Ausgang verantwortlich gemacht werden, es sei denn, man kann ihm schwerwiegende Fehler bei der Führung oder bei der Anlage des Prozesses vorwerfen, was aber denkbar schwierig zu beweisen ist.

Die Beauftragung des Anwaltes, der Anwältin

Zur Besiegelung der Beauftragung lässt der Anwalt ein Mandat unterschreiben („procura alle liti“). Dieses Mandat ist meist sehr umfangreich und umfasst normalerweise die außergerichtliche Phase, die eventuellen Verhandlungen vor und während des Prozesses, die Betreuung des Prozesses in erster Instanz, die Berufung, die Phase der Urteilsvollstreckung und den Rekurs bei der Kassation.

Das bedeutet, dass der Anwalt, die Anwältin praktisch eine Blankovollmacht über den gesamten Prozessverlauf in die Hand bekommt. Im übrigen beruht das Verhältnis zwischen KlientIn und Anwalt, Anwältin auf einer Vertrauensbasis. Der Anwalt hat die Pflicht, die Interessen der Klientin, des Klienten nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten, immer innerhalb der Grenzen des Mandates und unter Wahrung der Vorgaben des Gesetzes und des Verhaltenskodex der Berufskammer.

Der Anwalt, die Anwältin darf weder riskante Aktionen empfehlen, noch Verhalten, Handlungen oder Geschäfte vorschlagen, die ungesetzlich, betrügerisch oder nichtig sind.

Wer, aus welchem Grund auch immer, sich von seinem Anwalt trennen will, muss dies in schriftlicher Form tun und das Mandat widerrufen. Dieser Schritt ist allerdings gut zu überlegen, vor allem, wenn der Prozess bereits begonnen hat. Abgesehen von den Kosten ist abzuwägen, ob es vorteilhaft ist, zu diesem Zeitpunkt den Anwalt zu wechseln.

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Vom Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung gefördertes Projekt