Der Regenwald in der Pfanne


Warum eine Verringerung des Fleischkonsums eine Notwendigkeit ist – WHO-Studie hin oder her


Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat kürzlich in einem Bericht den Verzehr von verarbeitetem Fleisch als für den Menschen krebserregend und jenen von rotem Fleisch als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Aus Sicht der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) sind in diesem Zusammenhang nicht nur gesundheitliche, sondern auch ökologische Aspekte von Bedeutung.

Vielen Konsumenten und Konsumentinnen ist nicht bewusst, dass ein hoher Fleischkonsum gravierende Umweltprobleme verursacht. Zum Einen werden für die Produktion von Futtermitteln große Flächen in den Ländern des Südens beansprucht, zum Anderen bewirkt die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln (u. a. Fleisch) die Bildung großer Mengen an Treibhausgasen.

Fast 70% der Fläche, die ein durchschnittlicher Europäer oder eine durchschnittliche Europäerin für Ernährungszwecke benötigt, entfallen auf die Erzeugung von Tierfutter. Auf die Erzeugung von pflanzlichen Lebensmitteln entfallen dagegen nur 30%. Verantwortlich dafür sind die so genannten Veredelungsverluste: die Umwandlungsrate von pflanzlichen in tierische Kalorien beträgt bis zu 7 : 1. Für die Erzeugung von einem Kilogramm Fleisch wird somit ein Vielfaches an pflanzlichen Futtermitteln benötigt. Die für den Anbau von Lebens- und Futtermitteln notwendigen Flächen befinden sich jedoch nicht zur Gänze in Europa – die EU-Länder beanspruchen noch einmal 40% der eigenen Flächenressourcen von außerhalb. So werden beispielsweise in Brasilien Flächen für den Anbau von Sojabohnen, welche dann in Europa vor allem an Schweine und Geflügel verfüttert werden, beansprucht. Die Ausweitung des Soja-Anbaus in den letzten Jahren ist für die Zerstörung des Regenwaldes mitverantwortlich. Die Abholzung des Regenwaldes verstärkt den Klimawandel und bedroht die dortige Artenvielfalt.

In den europäischen Ländern entfällt rund ein Fünftel der gesamten Treibhausgasemissionen (Kohlendioxid, Methan, Lachgas usw.) auf den Bereich Ernährung. Dabei verursacht die Produktion von tierischen Lebensmitteln – im Vergleich zur Produktion pflanzlicher Lebensmittel – ein Vielfaches an Emissionen. So werden bei der Erzeugung von einem Kilogramm Rindfleisch 12,6 kg CO2-Äquivalente freigesetzt, bei der Erzeugung von einem Kilogramm Kartoffeln nur 0,62 kg.
Eine Ernährung, die überwiegend aus pflanzlichen Lebensmitteln besteht und in der Fleisch eine “Nebenrolle” spielt, ist daher klimafreundlicher als eine fleischreiche Ernährung und trägt zu mehr Ernährungssicherheit weltweit bei.

Tatsächlich liegt der Fleischverzehr in den industrialisierten Ländern zum Teil mehr als doppelt so hoch, als es die Ernährungsgesellschaften für sinnvoll und ernährungsphysiologisch notwendig erachten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt einen Verzehr von nicht mehr als 300 bis 600 g Fleisch und Wurstwaren pro Woche. Das entspricht einem durchschnittlichen täglichen Verzehr von 43 bis 86 g Fleisch und Wurstwaren pro Tag.

Auch die Verbraucherzentrale Südtirol empfiehlt, den Fleischkonsum auf zwei bis drei kleine Portionen pro Woche zu verringern und dafür qualitativ hochwertiges Fleisch aus artgerechter Tierhaltung zu bevorzugen. Zitat: „Wer weniger oft Fleisch isst, isst in der Regel mehr Gemüse, mehr Getreideprodukte und Kartoffeln und idealerweise auch mehr Hülsenfrüchte wie Bohnen und Linsen. Das ist gut für die eigene Gesundheit, da der Körper dadurch mit Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen versorgt wird, und für die Umwelt. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung und knapper werdender Ressourcen führt aus unserer Sicht aber ohnehin kein Weg daran vorbei, dass die Bevölkerung in den industrialisierten Ländern mittelfristig ihren Fleischkonsum deutlich verringert.”



Medien-Information
Bozen, 09.12.2015